Der Online-Versandhandel Amazon möchte ins Verlagsgeschäft einsteigen. Michaela Maria Müller wünscht sich, dass alles beim Alten bleibt. Doch dafür muss vieles anders werden.
In Großbritannien hat Amazon bei Neuverhandlungen mit Verlagen über Lieferverträge verlangt, künftig Bücher on demand nachdrucken zu dürfen, wenn sie vergriffen sind. Gegen diese Forderung regt sich Widerstand. Zu Recht. Doch nur weil die Idee von Amazon kommt, ist sie deshalb nicht verdammenswert, sondern im Gegenteil vielleicht sogar verführerisch.
Die Möglichkeiten, Bücher wieder aufzulegen sind so einfach wie vielfältig geworden: Flexibel und kostengünstig ist eine Neuauflage als Book on demand oder als E-Book. Ein Nachdruck als Buch ist für die Verlage freilich eine größere unternehmerische Entscheidung. Aber sicher ist: Die neuen Formate bieten spannende Entwicklungsmöglichkeiten.
Seit das Verlagshaus Hachette seine Auseinandersetzung mit Amazon öffentlich gemacht hat, tut sich jetzt etwas. Zum Glück. Die Verlage haben Amazon – oder auch Google Books – lange genug das Feld überlassen. Sicherlich wird das Umdenken erfordern, Abschied von den althergebrachten Strukturen nehmen zu müssen. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Amazon macht mit seinem Angebot „Prime“, einer Flatrate auf Videos, Musik und E-Books, deutlich, dass nicht das Werk eines Autors im Vordergrund steht sondern der Content. Bei Amazon heißt das: Für einen bestimmten Betrag bekommt der Kunde an Büchern, Filmen und Musik frei geschaltet, was sein Herz begehrt. Ich gebe zu, auch für mich eine verlockende Idee.
Aber wer wie Amazon so mit Texten umgeht, lässt für die Entwicklung von Nischen und Ungewöhnlichem nur wenig Platz. Wahrscheinlich ist, dass „besondere“ Bücher zwar verfügbar wären, nur kaum jemand von ihnen Notiz nähme. Übrig bliebe eine Menge autorenloser Texte – Content im Sinne Amazons.
Das Vorgehen dspees Versandbuchhändlers, der nun eine Rolle als Verleger übernehmen will, wird ohne Rücksicht und Respekt für die Autoren sein. Das muss aber nicht die Zukunft sein. Ich selbst als Autorin würde mir wünschen, dass die Zuständigkeit für die Autorenpflege bei den Verlagen bleibt. Dafür müssten sie aber kreativ und mutig die digitalen Entwicklungen in ihr verlegerisches Konzept integrieren. Wie einfach es gehen kann, machen kleine innovative Digitalverlage wie etwa mikrotext, shelff oder der Frohmann Verlag bereits erfolgreich vor. Und der erste Schritt könnte ein Schritt zurück sein: Titel, die als gedrucktes Buch vergriffen sind, elektronisch verfügbar machen.
Michaela Maria Müller auf Twitter: @michaelamaria